Geschichte Syriens

Geschichte Syriens

(english)

Diese sehr kurze Darstellung der langen und ereignisreichen Geschichte Syriens soll dazu dienen, Zusammenhänge erkennbar zu machen und ein besseres Verständnis für die Herkunft des Landes zu entwickeln.

Das historische Syrien umfasste unter dem Oberbegriff „Die Länder Syriens“ (bilad al-sham) den geografischen Bereich zwischen dem Taurusgebirge und dem Sinai. Bereits 10.000 Jahre v. Chr. lässt sich eine für die damalige Zeit dichte Besiedlung des Gebietes um Damaskus feststellen. Früh schon entwickelten sich Stadtstaaten und Kleinreiche, die durch den Kontakt mit großen Nachbarreichen zu kultureller Blüte gelangten. Das Gebiet fiel nacheinander in den Herrschaftsbereich verschiedener Großmächte, wie der Assyrer, Babylonier, Perser und Seleukiden, bis es ab 64 v. Chr. als Provinz mit der Hauptstadt Antiochia Teil des römischen Reiches wurde. Infolgedessen kam es zu einer zeitigen Verbreitung der christlichen Religion, bis 635 n. Chr. Muslime Damaskus eroberten und damit die Zeit des byzantinischen Syriens beendeten. In den folgenden Jahrhunderten fielen die Länder Syriens unter die Herrschaft verschiedener Kalifen sowie von 1260 bis 1517 in den Machtbereich der Mamluken. Im Folgenden bildete die Region einen Bestandteil des Osmanischen Reiches. Während dieser Zeit begann sich in Syrien und in anderen arabischen Regionen, zum Teil aufgrund der türkischen Vorherrschaft, die Idee eines arabischen Nationalismus herauszubilden.

Infolge des Zusammenbruchs des Osmanischen Reiches erhielten Großbritannien und Frankreich 1920 das Völkerbundmandat für den Nahen Osten. Die beiden Länder setzten sich militärisch gegen die arabischen Nationalitätsbewegungen durch und teilten den Großraum Syrien in einzelne Staaten mit teils willkürlichen Grenzverläufen auf. Frankreich bekam das Kerngebiet des heutigen Syriens zugesprochen, wobei ursprünglich syrische Gebiete an den Libanon, Palästina oder die Türkei abgetreten wurden. Diese umstrittenen Grenzverläufe bergen bis heute ein Konfliktpotential, wie zum Beispiel der Zuspruch der Region Iskenderun zur türkischen Seite oder die Angliederung syrischer Bezirke an den Libanon.

Im April 1946 gelang es der syrischen Regierung schließlich nach langjährigen Verhandlungen die vollständige Unabhängigkeit von der Mandatsmacht Frankreich zu erlangen. Bereits die ersten Jahre des Versuchs einen funktionierenden Staat aufzubauen, waren von Schwierigkeiten begleitet, wobei der junge Staat durch die im ersten arabisch-israelischen Krieg von 1948 erlittene Niederlage noch dazu immens an Glaubwürdigkeit einbüßte. Im Jahr 1949 kam es daraufhin zu insgesamt drei Militärputschen gegen die zivile Regierung und ab 1951 stand der syrische Staat unter der Herrschaft einer Militärdiktatur. Auf deren Sturz im Jahr 1954 folgte eine kurze, demokratisch ausgerichtete Regierungszeit mit freien Wahlen und einem Mehrparteiensystem. Insbesondere die Ba’th Partei, die 1947 gegründet wurde, gewann zunehmend an Einfluss. Die linksgerichtete Partei vertritt die Idee einer Vereinigung aller arabischen Länder zu einer einzigen säkularen Nation und setzte sich anfangs vornehmlich aus Studenten und religiösen Minderheitsgruppen zusammen.

Mit dem vollständigen Zusammenschluss Ägyptens und Syriens zur „Vereinigten Arabischen Republik“ im Jahr 1958 wurden die Vorstellungen der Ba’th-Partei realer. Allerdings hielt diese Staatenunion lediglich bis zu einem Putsch syrischer Offiziere im Jahr 1961, da sich Syrien als von Ägypten bevormundet betrachtete.

Ab 1963, nach einer zweijährigen Übergangsregierung, wurde erneut eine Militärführung installiert. Innerhalb des Militärs setzten sich die Anhänger der Ba’th-Partei durch, weswegen 1963 als Beginn der bis heute andauernden Herrschaft der Ba’th-Partei in Syrien gilt. Innerhalb der folgenden Jahre gab es innerparteiliche Machtkämpfe, einerseits zwischen den verschiedenen ideologischen Ausrichtungen und andererseits zwischen der zivilen und der militärischen Seite der Partei. Nach dem verlorenen Krieg gegen Israel im Juni 1967 verstärkten sich die Konflikte zunehmend, wobei Hafiz al-Assad als faktisch alleiniger Führer des Militärs ebendieses zunehmend für seine eigenen Zwecke missbrauchte. Am 16. November 1970 löste Assad schließlich die bisherige Parteispitze auf und übernahm die Macht.

Aus dieser „Korrekturbewegung“ bildete sich unter Hafiz al-Assad ein autoritäres Regime, das dem Schein nach eine präsidiale Republik ist. Während der ersten Zeit nach seiner Machtübernahme, bemühte sich Assad um die Festigung seiner Herrschaft im Inland, indem er beispielsweise 1971 ein Parlament ernannte und sich per Volksabstimmung zum Präsidenten wählen ließ. Er entwickelte starke Institutionen, die er unter die Kontrolle einer kleinen Elite stellte. Durch die Vergabe zentraler Aufsichtspositionen in Wirtschaft, Politik und Öffentlichkeit an Verwandte und Vertraute, errichtete Assad ein Klientelnetzwerk, das bis heute ein wichtiger Faktor für seine Machterhaltung ist.

Als syrischer Präsident war Hafiz al-Assad der Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Chef der Exekutive sowie der Generalsekretär der Ba’th Partei und stand damit drei grundlegenden Bereichen des syrischen Staates vor: der Staatsbürokratie, dem Sicherheitsapparat und der Partei. Infolgedessen war das Parlament eher ein beratendes Gremium und für Entscheidungen auf lokaler Ebene zuständig. Die Ba’th Partei ist bis heute offiziell Bestandteil des Parteibündnisses der „Nationalen Fortschrittsfront“. Andere Parteien, wie zum Beispiel oppositionelle sind verboten und selbst innerhalb der Nationalen Fortschrittsfront sind bei Wahlen die Anzahl der Sitze und deren Verteilung mehr oder weniger festgelegt, weswegen Wahlen an sich nicht als frei gelten können.
Das wichtigste Machtinstrument war, und ist nach wie vor, der Sicherheitsapparat. Dieses komplexe System wird genutzt als Drohelement nach außen, zum Beispiel in Bezug auf Israel, aber vor allem zur Kontrolle des Inlands, mittels der Vermittlung von Angst und Gehorsam durch die Geheimdienste. Gleichzeitig verfügt der Sicherheitsapparat über wirtschaftliche Macht, da das Militär im Besitz vieler Fabriken und Unternehmen ist, wobei immer wieder Korruptionsvorwürfe und der Verdacht illegaler Geschäfte offenkundig werden. Der Sicherheitsapparat und der Präsident, der diesem zumindest theoretisch vorsteht, stehen demnach in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis.

Außenpolitisch war Hafiz al-Assad um eine Öffnung gegenüber den westlichen und den konservativeren arabischen Staaten bemüht und behielt diese Politik trotz des Oktoberkriegs von 1973 bei. Im Zuge dessen wurden die Golanhöhen von Israel besetzt und sind seit 1981 bis heute annektiert. Die Kooperation mit westlichen Staaten führte auch zu deren Unterstützung der militärischen Aktivitäten Syriens im Libanon, die 1976, zur Wahrung syrischer Interessen im libanesischen Bürgerkrieg, begonnen und erst 2005 aufgrund internationalen Drucks beendet wurden.

Außenpolitisch erlangte Syrien immer mehr den Status einer Regionalmacht, wohingegen es im Inneren zu wiederholten Konflikten mit der Opposition kam, die die Rechtsunsicherheit und zunehmende Armut der allgemeinen Bevölkerung anprangerte. Insbesondere die islamische Opposition, wie zum Beispiel die Muslimbrüder, ging aktiv gegen das syrische Regime vor, woraufhin es 1982 zu einem Massaker in der syrischen Stadt Hama kam. Im Zuge dessen starben zwischen 10.000 und 40.000 Menschen, die Schätzungen variieren derart stark, da das syrische Regime Informationen zu diesem Massaker möglichst geheim halten wollte. Viele links gerichtete Oppositionelle und Intellektuelle wurden außerdem verhaftet. Infolgedessen war die Opposition seit den 1980er Jahren größtenteils zerschlagen und der Sicherheitsapparat ging zunehmend restriktiver gegenüber der allgemeinen Bevölkerung vor.

Im Juni 2000 übernahm Baschar al-Assad nach dem Tod seines Vaters das Präsidentenamt und damit die politische Herrschaft. Da die Machtübernahme im Voraus organisiert worden war, konnte er auf die Unterstützung wichtiger Verbündeter seines Vaters setzen. In der Bevölkerung bestand zum Zeitpunkt des Machtwechsels die Hoffnung auf politische Reformen und mehr Freiheiten, die innerhalb der ersten kurzen Zeit auch bestätigt wurde. Als jedoch öffentliche Debatten über Korruption und ähnliche Themen zunahmen, setzten wiederum vermehrt Repressionen ein. Das politische System blieb unter Baschar al-Assad von der Struktur her unverändert, wobei ihm allerdings weniger Macht zugesprochen wurde, als seinem Vater und er oft als Marionette der alten politischen Eliten galt. Erst seit 2005 konnte er durch die Zuteilung wichtiger Staats- und Militärposten an eigene Vertraute seine Machtposition ausbauen und sichern.